Wie alles begann…

Seit genau 135 Jahren unterstützt das Blindenhilfswerk Berlin blinde und sehbehinderte Menschen. Anlässlich unseres Geburtstages blicken wir heute auf die Anfänge, Hintergründe und damaligen Ziele des Vereins.

„Ich fand eine Anzahl der früheren Zöglinge infolge jahrelanger Beschäftigungslosigkeit in Gleichgültigkeit und Stumpfsinn verfallen; andere, die nur die Drehorgel oder an den Sonntagen zum Tanz spielen, im Übrigen aber ohne geregelte Tätigkeit bleiben, hatten meist den Sinn für höhere Interessen verloren“, schrieb Karl Wulff 1886 in einem Reisebericht. Er beobachtete, dass seine Schülerinnen und Schüler nach dem Verlassen der Schule in ein Loch fielen. Keine Arbeit und ein vereinsamtes Leben führten nicht selten zu Alkoholismus. Zu diesem Zeitpunkt war Karl Wulff seit drei Jahren Direktor der Königlichen Blindenanstalt Berlin-Steglitz.

Man sieht die Gebäude des Blindenhilfswerkes Berlin e.V. vor 1915.

Er fasste deshalb 1886 den Entschluss, den jungen Menschen nach Abschluss der Schulzeit in ein selbstständiges Leben mit Sinn und Bedeutung zu helfen. So gründete er am 12. Oktober des gleichen Jahres den „Verein zur Beförderung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der Blinden“ (VSB) – er sollte als verlängerter Arm der königlichen Blinden-Anstalt blinde Personen „vor allem zu zufriedenen, glücklichen Menschen machen.“

Selbstwertgefühl durch Wohnung und Arbeit

Doch wie wurden diese Vorhaben umgesetzt? Man beschloss zum einen recht zeitig, dass man ein „Wohnheim für weibliche Blinde“ errichten wollte. 1888 reichten die finanziellen Rücklagen des Vereins durch stetiges Sparen und Spendensammlungen aus, so dass mit dem Bau begonnen werden konnte. Zwei Jahre später bezogen die ersten Frauen das Haus, das nichts mit einer Asylunterkunft zu tun hatte. Die Bewohnerinnen wurden von Gründer Wulff zum selbstständigen Denken und Entscheiden ermuntert – durch die Hausordnung ergaben sich große Spielräume zur Gestaltung des Lebens. Für sie sollte es einen ständigen Wohnsitz bis ins hohe Alter darstellen, da ihre sozialen und gesellschaftlichen Aussichten nicht besonders vielversprechend waren. Anders bei blinden Männern. Für sie entstand 1893 ein Wohnhaus, in dem aufgrund ihrer besseren Zukunftschancen kein lebenslanger Verbleib vorgesehen war.

Drei Frauen flechten Körbe. Eine weitere Dame steht am linken Bildrand vor einer Badewanne, die mit Wasser gefüllt ist. Sie weicht dort Zweige ein.

Auf der anderen Seite hatte Wulff noch ein anderes wichtiges Anliegen. Die blinden Frauen und Männer sollten erfahren, dass sie auch trotz ihrer Behinderung wertvoll für die Gesellschaft sind und deshalb die Möglichkeit erhalten einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Dafür wurden guter, preiswerter Arbeitsstoff und Arbeitsgelegenheiten geschaffen sowie der Absatz der gefertigten Ware gefördert. Es entstand eine Werkstatt, in der weibliche und männliche Korb- und Bürstenmacher und Seiler eine Anstellung fanden.

Eine Idee lebt weiter

Die Gesellschaft, Strukturen, Ansichten, ja, das Leben allgemein – alles ist im stetigen Wandel. Daher hat sich bis heute nicht nur der Name unseres Vereins geändert. Ziele und Aufgaben werden fortlaufend an die aktuellen Zeiten angepasst. Der Grundgedanke von Karl Wulff ist aber immer derselbe: Wir möchten blinde und sehbehinderte Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben unterstützen und so sind Wulffs Worte auch heute noch gültig: „Das ist unser eigentliches Ziel. Alles, was dieses Ziel [zu] erreichen hilft, suchen wir zu tun.“

Ihre Ansprechpartnerin

astrid fischer
Blindenhilfswerk Berlin e.V.

 

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