Wofür brennen Sie, Herr Garbow?
Im Rahmen unserer Feuer & Flamme-Woche haben wir acht blinde und sehbehinderte Menschen gefragt, wofür sie brennen. Einer davon ist Olaf Garbow. Von seiner Leidenschaft profitiert nicht nur er. Für den blinden 56-Jährigen fühlt es sich an als würde er Geschenke verteilen.
Wofür brennen Sie?
Ich brenne für die Massage. Das Tolle daran ist, dass man nicht unbedingt etwas wissen, sondern nur spüren muss. Alles andere ist hilfreich. Ob das Jahrtausend Jahre alte Massagetechniken sind, einschließlich einiger Mantra-Rituale, die ich auch schon kennengelernt habe. Oder neurologisches, anatomisches Wissen – man kann sich dem Thema einfach auf verschiedenen Wegen nähern.
Besonders interessiere ich mich vor allem aber für die Zusammenhänge zwischen Musik und Massage. Sowohl bei der Massage als auch beim Musizieren, macht man sowohl etwas für sich als auch für den anderen. Beides ist dabei irgendwie Energiearbeit und manchmal auch innere Arbeit. Auch in der alten Mythologie findet man diese Zusammenhänge. In der indischen Mythologie zum Beispiel: Wer über Heilung spricht, meint damit auch Musik und Massage.
Warum brennen Sie dafür?
Weil es Spaß macht. Und weil es ein Weg aus dem hektischen Alltag ist. Es ist ein wunderbarer Energieaustausch. Es fühlt sich an als würde man Geschenke verteilen. Und massiert werden, ist natürlich auch toll. Bei der Massage begegnet man Menschen nicht nur über die Gesprächsebene. Das Massieren ist wie eine weitere Kommunikationsebene. Das finde ich, ist sehr spannend daran.
Wie und wann ist Ihre Leidenschaft entbrannt?
Ich habe als Jugendlicher in den 80er Jahren im Internat mit dem Massieren angefangen. Da hatte man einen guten Austausch und ich habe seitdem mehr und mehr Wissen angesammelt. Zu Beginn autodidaktisch. 1992 kam ich dann nach Berlin und machte eine offizielle Ausbildung, die aber sehr theoretisch war, weil die Räume fürs praktische Üben fehlten. Später bin ich dann zur Musiktherapie gekommen. Und irgendwann kam dann auch eine, ich sag mal klassische Ausbildung dazu. Die entsprach ungefähr dem alten Berufsbild des Masseurs. Die Ausbildung war eher medizinisch angelegt, so dass es viel um anatomisches Grundwissen und ein bisschen Neurologie ging. Seitdem besuche ich immer wieder verschiedene Seminare und tausche mit anderen Personen Wissen und Erfahrungen aus. Ein Seminar fand statt als es in Bosnien Angriffe gab. Mein Gedanke war damals: Wir machen etwas Besseres als Bomben zu schmeißen und Krieg zu führen.
Welche Zusammenhänge sehen Sie zwischen Musik und Massage?
Musikmachen und Massieren fühlt sich sehr ähnlich an. Wenn man beim Musizieren improvisiert, dann spürt man das sehr viel mehr als wenn man nach Noten spielt. Beim gemeinsamen Jammen nähert man sich an oder es kommt zu gegenseitigen Widerständen, mit denen man klarkommen muss. Das ist auch beim Massieren so. Dass ein Mensch zum Beispiel verschlossen ist, merke ich bei der Massage. Man lernt bei dem einen und auch dem anderen die verschiedenen Mentalitäten des anderen Menschen kennen. Und trotzdem kann man gemeinsam spielen oder eben massieren.
Gibt es ein Körperteil, das Sie am liebsten massieren?
Ja, ich glaube es sind die Füße und der Rücken. Bei den Füßen kann man über die Reflexzonen den ganzen Körper erreichen. Wenn ich Ihnen an den Füßen ziehen würde, merken Sie es an der Lendenwirbelsäule oder im Rücken.
Gibt es eine kleine Anekdote, die Sie erzählen möchten?
Ich habe mal bei einem Treffen einen Zwei-Meter-Mann massiert. Eine Massageliege hatten wir nicht, deshalb lag er auf einem Esstisch. Als ich das Öl gesucht habe, richtete er sich auf und der Tisch krachte in diesem Moment zusammen. Die ganze Küche lag dann voller Korken und anderen Dingen, die in den Tischfächern waren. Später saßen wir zusammen am Feuer und haben uns über den zusammengebrochenen Tisch amüsiert.
Ihr/e Ansprechpartner/in
Carsten Zehe
Tel.: 01522 5883073
info@blindenhilfswerk-berlin.de